Mit Kinderschokolade ins Havelland

Oder: Wie lang sind eigentlich 8 km?

Die folgende Tour vom 30. Juli bis 1. August 2010 wurde von Susan organisiert, die aus dem Havelland (Rathenow bei Berlin) stammt und bei deren Omi und ihrem Onkel Olaf die NSBler freundlicherweise campen konnten und bewirtet wurden. Wir bestanden aus sieben NSBlern (3 Neulinge und vier alte Hasen) sowie Olaf, der uns auf der Tour mit seinen eigenen Booten begleitete. Für mich war es der erste Wochenendausflug mit dem NSB.

Unsere Abenteuerfahrt begann bereits am Bootsanleger des NSB, wo die Frischlinge erst einmal darin eingewiesen wurden, wie man neun Kajaks – darunter die extrem kurzen Wildwasserkajaks, die langen Seekajaks und ein Doppelkajak – fachgerecht am Bootsanhänger verknotet, so dass sie nicht rutschen und wie man diesen Anhänger mit Andreas quietschgelbem Auto verbindet (kurbeln, kurbeln, kurbeln).

Endlich war alles verstaut: die Zelte, Schlafsäcke, Matratzen, Taschen und das viele Essen und wir fuhren los. Nach 30 Sekunden wurde uns leicht mulmig, denn das Armaturenbrett zeigte nichts an. Ein Omen für die ganze Fahrt? Das wiederholte Rumschrauben am Sicherungskasten brachte nichts, die Anzeige blieb tot, und so fuhren wir einen Umweg über Lilienthal, wo uns ein freundlicher Renaulthändler mit einem einzigen Griff half und uns noch zwei Ersatzsicherungen mit auf dem Weg gab.

Jetzt stand unserer Fahrt nach Rathenow nichts mehr im Wege. Mit einem Umweg über einen Rastplatz, wo die einen bereits das erste kulinarische Highlight in Form von Burger King genossen und die anderen noch die Getränke- und Bananenvorräte auffüllten, gelangten wir sicher am Gartenhaus von Susans Omi auf der sogenannten Magazininsel bei Rathenow an, und wir schlugen unsere Zelte auf. Susans überaus charmanter wie heftig berlinernder Onkel Olaf nahm uns in Empfang und hatte bereits den Grill angeworfen, so dass die hungrigen NSBler bei sternenklarer Nacht und Lagerfeuer ihr Abendessen mit Blick auf die Havel einnehmen konnten. Nach einem Besuch des rustikalen Eimerklos von Omis Ferienhaus stiegen wir müde, aber glücklich in unsere Schlafsäcke.

Einstieg

Der Morgen brachte strahlenden Sonnenschein, Susans Omi und Olaf, der frische Brötchen geholt hatten. Nach dem ausgiebigen Frühstück ging es auf zur ersten Kajaketappe, die laut Susi ca. 8 km lang sein sollte – allerdings hatte Susi mit recht unorthodoxen Methoden die Länge gemessen, wie wir bald feststellen sollten. Auf mysteriöse Weise verlängerte sich bei windigem Wetter die Länge der Strecke um ca. 4 km. Wir fuhren auf der Havel, die ein erstaunlich breiter Fluss ist und glitten an Sommerdatschen und freundlichen Rathenowern vorbei. Dabei erfuhren wir, dass unsere Boote Namen wie Rennpferde tragen: Susi fuhr im „Graureiher“, Tina im „Sundowner“ und ich selbst im „Roten Oktober“.

Warten auf den Start

Vor uns Frischlingen paddelten Nele und Andreas im Doppelkajak mit erstaunlicher Eleganz und Synchronizität als wären sie siamesische Zwillinge. Dabei hatten sie aber noch Zeit, die von Susans Omi mit auf den Weg gegebenen Johannisbeeren und Kinderschokolade an die anderen Mitpaddler zu verteilen bzw. selbst zu vertilgen und meine Hände mit Leukoplast zu verarzten, so dass ich wie das Opfer eines besonders hässlichen Küchenunfalls aussah. Nicht schön, aber wirksam, denn das Paddeln kann für Ungeübte Blasen an den Händen hervorrufen. Ab und zu paddelte Sebastian herbei, der sein Kajak mit süßem Proviant aufgefüllt hatte und verteilte Schokohupferl an die anderen Kajaker mithilfe seines ausgestreckten Paddels.

Nach diesen kulinarischen Erlebnissen auf dem Wasser hatten wir bald eine Begegnung der besonderen Art, und zwar mit Geocaching. Geocaching ist eine moderne Form der Schnitzeljagd mithilfe eines GPS-Empfängers und inzwischen ein beliebter Freizeitsport, bei denen Unbekannte kleine wertlose Dinge in Plastikdosen unterbringen, die von den Geocachern mithilfe von Hinweisen aus dem Internet gefunden werden und die durch andere kleine wertlose Dinge ersetzt werden sollen. Außerdem trägt man sich in eine Art Logbuch ein. Weitere Infos dazu unter http://de.wikipedia.org/wiki/Geocaching. An der Havel turnte Andreas B. auf einer ungenutzten Eisenbahnbrücke herum und wurde tatsächlich fündig!

Nach der Brücke verwandelte sich die Havel in den Hohenauer See und wir legten eine Mittagspause in einem sehr schönen Fischrestaurant ein (sehr zu empfehlen: die gegrillte Fischplatte), während uns Olaf den weiteren Verlauf der Tour an der dortigen Schautafel erklärte. Auch in der zweiten Etappe waren die von Susi veranschlagten 8 km auf mysteriöse Weise gestreckt worden. Hinzu kam ein recht starker Wind auf und die Frischlinge hatten Probleme mit dem Geradeausfahren. Freundlicherweise tauschte Sebastian sein mit Süßigkeiten beladenes Seekajak mit meinem „Roten Oktober“ – und kaum war das Ruder ausgeklappt, war es eine Lust, zu steuern. Schon bald machten wir noch einmal Stopp, um unseren zweiten Geocaching Schatz zu heben, diesmal in der Nähe eines verlassenen Hausbootes, das zu DDR Zeiten ein Kinderferienlager gewesen war und nun einen morbiden Charme ausstrahlte. Dort tauschten wir ein Antimückentuch mit einem kleinen Plastikschweinderl, das jetzt im NSB Bootshaus zu besichtigen ist.

Und auf ging es zur letzten Etappe des Tages! Alle waren danach erschöpft, aber es mussten noch die Autos von Omis Gartenhaus geholt und ein bisschen eingekauft werden, z.B. Bananen („Bananen, hier im Osten?“ 😉 ). Bald waren die Zelte wieder aufgebaut und ein lustiges Grillfeuer brutzelte oben am Hang. Wieder genossen wir unser Abendessen mit Blick übers Wasser, diesmal über den Hohenauener See, während uns Andreas W. in seine kulinarischen und musikalischen Geheimnisse einweihte. Erstere bestehen aus gegrillten Bananen, in die ein Riegel Kinderschokolade hineingedrückt wird – sehr süß, aber recht schmackhaft. Die musikalischen Geheimnisse bestehen aus Andreas Lieblingsliedern, die mit der Gitarre vorgetragen werden und für die er sogar ein Liederbuch hervorzauberte, so dass mitsingen konnte, wer wollte.

Am nächsten Morgen schlief alles noch tief und fest, während drei der NSBler noch vor dem Frühstuck zu Wassernixen wurden und das Morgenschwimmen im Hohenauener See austesteten. Danach wurde es leicht rabiat: wir übten uns in Wasserspielen mit Ball, wobei die Frischlinge durch ihre Seekajaks doch recht behindet waren und sich wie Wale unter lauter wild herumtollenden Delphinen fühlten. Deswegen hatten die alten Hasen also alle Wildwasserboote genommen! Plitsch! Platsch! Klatsch!

Zum Schluss haben wir uns dann alle noch ein dickes Eis gegönnt. Zurück ging es über den Hohennauener See zu Olafs Wohnung, wo wir schweren Herzens unsere neun Kajaks wieder auf dem Anhänger festzurrten und uns auf den Heimweg gen Bremen machten. Wir werden bestimmt nochmal ins schöne Havelland zurückkommen, oder um es mit Olafs Abschiedsworten zu Susi zu sagen: „Ick hab‘ noch Touren in petto, det ahnste jar nich!“

Vielen Dank an Susi und Olaf für die tolle Organisation!

Meike